Ich vergleiche hier den Energieverbrauch einiger ATX-NT an einem eher genügsamen P-M System. Stromsparende Desktop-Systeme erobern sich ihre Nische, v.a. in der Anwendung als HTPC. Spätestens mit den Yonah- und Merom-Plattformen wird entsprechende Hardware breit verfügbar sein. Was einstweilen fehlt, sind für diese Zwecke optimierte Netzteile im Standardformat ATX. Rio suchte bereits an anderer Stelle effiziente leistungs"schwache ATX-Netzteile. Meine Gegenüberstellung schließt direkt an seinen Thread an, geht es doch auch hier zuallererst um die Effizienz einzelner Kandidaten, auch wenn diese selbst mangels einschlägigen Equipments zur Bestimmung der sekundärseitigen Leistungsaufnahme nicht direkt bestimmt werden kann. Die Auswahl der Netzteile soll dabei einerseits Effizienz-Unterschiede zwischen kräftigeren und leistungsschwächeren Netzteilen bei mäßiger Belastung verdeutlichen. Andererseits soll zur Beantwortung der Frage beigetragen werden, ob es sinnvoller ist, auf die moderne Technik neuerer, kräftigerer NT zu setzen, oder besser auf bewährte 250W-Klassiker.
Gemessen wurde die Leistungsaufnahme in Watt mit dem Brennenstuhl Energiemessgerät PM230 an nachfolgendem Testsystem. An zwei alten Glühlampen mit 40W bzw. 60W erhalte ich damit Abweichungen zur nominellen Leistung von max. 1,5W.
Testsystem:
- CPU: Banias 1,4GHz@1,73GHz
Mobo: AOpen i855GMEm-LFS (FSB533 Mod.)
RAM: 512MB MCI DDR 400 @ 178MHz (fsb:ram = 3:4)
Grafik: iExtrGraph II (32MB shared) -> AOpen AddCard: DVI
HDD: Samsung SV1604N
Sound: Onboard & EMU 0404
TV: Pinnacle PCTV Stereo
USB: VIA 4+1 USB2.0-Card (onboard USB deaktiviert, weil defekt)
DVD-ROM: Toshiba SD-M1712 (standby)
DVD-R/W: NEC ND-4551 (standby)
Floppy: NEC (standby)
Peripherie: 1 Maus @ USB, 1 Tastatur @ PS/2, HP 959C @ USB
1 Gehäuselüfter (120mm YateLoon) und der CPU-Kühler (Zalman CNPS7000 AlCu) sind am Mobo angeschlossen, schalten sich aber erst bei höheren Temperaturen zu. Während der Messungen blieben sie abgeschaltet.
- Aus = Netzteil an, Rechner aus; Messung stets nach dem Abschalten
Standby = S3 / Suspend to RAM
Idle = Ruhender Windows-Desktop bei Standard-Takt: FSB133 x 13 = 1733MHz @ 1,484V Vcore (nominell)
Idle SS = Ruhender Windows-Desktop auf niedrigstem Speedstep: FSB133 x 6 = 800MHz @ 0,956V Vcore (nominell)
MBM5HU = Messung bei Standardtakt mit aktiviertem Stressor MBM5HU.exe des Motherboard Monitor 5, erzeugt ca. 25% CPU-Last lt. Perfwatch auf P-M Systemen
BurnK7 = Messung bei Standardtakt mit aktiviertem Stressor burnk7.exe, einem Modul von CPUburn, das knappe 80% CPU-Last lt. Perfwatch auf P-M Systemen erzeugt
#1 Fortron Source FSP300-60GNF (ZEN)
Lautloses 80plus Passiv-Netzteil: kein Brummen, kein Knistern, nichts. Eine offenbar heftig regulierende Blindstromkompensation (PFC) macht das Ablesen der Verbrauchswerte sehr schwer: heftiges Springen der Watt-Anzeige, meist offensichtlich falsche Werte unter 15W. Dieses Phänomen gibt sich, wenn man den Stromverbrauch (z.b. durch Anhängen weiterer Geräte) erhöht. Stromstärken werden dagegen relativ stabil angezeigt: das ZEN fordert substantiell weniger A an, als die anderen NT.
* = ACHTUNG: dieses NT kann in meinem System nicht mit Speedstep umgehen (s. ZEN-Thread), daher kein Wert für Idle SS
- Aus: 7W**
Standby: 7W**
Idle: < 39W
Idle SS: - *
MBM5HU (~25% CPU-Last): 47W
BurnK7 (~80% CPU.Last): 53W
** = evtl. Fehlanzeige, s. ZEN-Thread
1x 80mm-Lüfter, relativ hohe Drehzahl, zu laut. Das Ablesen der Verbrauchswerte gelingt leicht: Watt-Anzeige konstant.
- Aus: 21W
Standby: 19W
Idle: 53W
Idle SS: 50W
MBM5HU (~25% CPU-Last): 62W
BurnK7 (~80% CPU.Last): 72W
1x 80mm-Lüfter, minimale Drehzahl, annähernd unhörbar (lediglich unaufdringliches Klackern im Nachlauf). Auch hier fiel das Ablesen der Verbrauchswerte v.a. im unteren Lastbereich sehr schwer: heftige Sprünge in der Watt-Anzeige.
- Aus: 20W
Standby: 19W
Idle: 63W
Idle SS: 57W
MBM5HU (~25% CPU-Last): 72W
BurnK7 (~80% CPU.Last): 78W
1x 120mm YateLoon-Lüfter, zu hohe Drehzahl, unangenehm laut. Das Ablesen der Verbrauchswerte gelingt problemlos: Watt-Anzeige konstant.
- Aus: 14W
Standby: 14W
Idle: 72W
Idle SS: 68W
MBM5HU (~25% CPU-Last): 83W
BurnK7 (~80% CPU.Last): 91W
1x 80mm Adda-Lüfter, Silent-freundliche Lüftersteuerung, stets angenehm leise, allerdings nicht ganz so unaufdringlich wie das BeQuiet. Dieses NT verfügt weder über einen P4-12V-Stecker (Adapter nötig!), noch über eine PFC. Das Messgerät zeigt die Verbrauchswerte absolut stabil an.
- Aus: 17W
Standby: 19W
Idle: 64W
Idle SS: 59W
MBM5HU (~25% CPU-Last): 73W
BurnK7 (~80% CPU.Last): 85W
Grafische Übersicht:
1. Stromverbrauch je Betriebszustand:
2. Gewichteter mittlerer Stromverbrauch:
Hier wird ein theoretischer Durchschnittsverbrauch bei 50% idle-, 30% Teillast- (=MBM5HU), 15% Vollast- (=BurnK7), 3% Suspend-, und 2% Aus-Phasen für einen Betriebszyklus veranschaulicht. Speedstep (=Idle SS) bleibt unberücksichtigt. Dabei folgte ich den Überlegungen, dass im Alltagsbetrieb (nicht bei Crunchern!) zwar einerseits die Idle-Phasen bei weitem überwiegen sollten, andererseits aber schon Minimallasten (<10%) beim P-M architekturbedingt zu einem deutlich höheren Stromverbrauch führen. Daher wurden "nur" 50% idle- und volle 30% Teillast-Phasen veranschlagt. Dagegen habe ich es noch nie erlebt, dass irgendeine reguläre Anwendung auch nur annähernd die hier erhobene Vollast von 80% CPU-Last lt. Perfwatch zu erzeugen imstande ist. Dennoch beschreibt dieser Wert recht gut kombinierte Lasten, wie sie z.B. beim DVD-Brennen oder bei 3D-lastigen Anwendungen zustande kommen können. Daneben nehme ich an, dass hier eine schaltbare Steckdosenleiste eingesetzt (geringe Aus-Zeiten) und Standby nur relativ selten genutzt wird. Es ergibt sich folgendes Bild:
Fazit
Deutlich wurden Unterschiede zwischen älteren und jüngeren Konstruktionen: Das ZEN - das neueste NT im Test - zeigt, was Effizienz im Jahre 2006 bedeutet. Zu schade, dass es mir aktuell kein Speedstep erlaubt. Im Vergleich zu den Foren-Geheimtipps FSP235-60GT und FSP250-60MDN erreichen aber auch das etwas neuere SS250-FS und sogar das überdimensionierte BQT P4-400W günstigere Verbrauchswerte bei laufendem Betrieb. Enttäuschend ist v.a. das an anderer Stelle als Schnäppchen angepriesene FSP250-60MDN: es ist laut und im Zusammenspiel mit einem P-M System vollkommen ineffizient. Das FSP235-60GT gefällt dagegen durch seinen für den Konstruktionszeitpunkt ungewöhnlich leisen Lauf.
Zu Gute halten kann man den FSP-Oldtimer freilich ihren günstigen Einkaufspreis: ich konnte beide Geräte für je 1 EUR gebraucht erwerben. Das SS250-FS wäre angesichts des signifikant niedrigeren Verbrauchs der Preis-/Leistungs-Sieger (mein Preis: 10 EUR neu, Geizhals aktuell: 22,90 EUR). Das BQT P4-400W dürfte den aktuellen Mainstream leistungsstärkerer NT in Sachen Effizienz repräsentieren, wird in dieser Hinsicht aber von der ähnlich, teils günstiger ausgepreisten S12-/SS-XXXHT-Serie Seasonics (ab ~35 EUR) ganz sicher noch übertroffen. Das FSP235-60GT dagegen ist als bulk-Version gegenwärtig nicht unter 80 EUR zu bekommen. Derartige Preisunterschiede amortisieren sich auf dem ohnehin geringen Verbrauchsniveau eines P-M nur sehr langsam.
Insgesamt zeichnet sich die Tendenz ab, dass man mit Blick auf größtmögliche Effizienz auch bei nur geringer Leistungsaufnahme des zu speisenden Rechners besser beraten ist, sein Geld in ein modernes, nötigenfalls etwas üppiger dimensioniertes NT zu investieren.
last edit: FSP235-60GT aufgenommen. Grafik für Gewichtetes Mittel